Jugendlicher beim Skaten

„Starthilfe – schulisches und soziales Lernen“

Freies Lernen, auch eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der Individuellen Zusatzleistung (IZL)

 

 

II.1. Rahmenbedingungen und Strukturdaten

Wir erleben sowohl im Rahmen der stationären als auch ambulanten Hilfen des Öfteren Kinder und Jugendliche, die eine Schulverweigerung zeigen oder aber aufgrund ihrer Lebenslage und ihres Verhaltens nicht in der Lage sind, sich auf schulische Angebote und auch nicht auf SBBZ-Angebote einzulassen. Dennoch sehen wir, dass diese Kinder und Jugendlichen durchaus gern etwas lernen möchten, mit ihren Klassenkameraden gemeinsam, dass sie dazu gehören wollen. Wir möchten ein Angebot bereitstellen, diesen Kindern und Jugendlichen eine vorübergehende „schulische“ aber auch sozial-integrative Perspektive bereit zu stellen.

 

Es soll außerdem diejenigen Kinder und Jugendliche ansprechen, die trotz Schulpflicht von den zuständigen Institutionen nicht erreicht werden, da sie schulflüchtig sind oder waren. Es geht um Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Erfahrungen allein durch das formale, räumliche Umfeld „Schule“ schon in ihrer Motivation bzw. in ihrer Leistungsbereitschaft zurückgesetzt werden und für die traditionelle schulische Maßnahmen eher kontraproduktiv sind. 

 

Wir haben in Rastatt, Ritterstrasse Räumlichkeiten (ein großes Zimmer und ein Büro) mit angegliederter Werkstatt angemietet.

 

 

II.2. Auftrag / Zielsetzung der „Lernbegleitung“

 

Die Leistungen der Lernbegleitung unterscheiden sich im Alltag je nach dem individuellen Bedarf des jungen Menschen. Dieser ist im Rahmen der Hilfeplanung festzulegen und auch regelmäßig zu überprüfen. Ziel der Maßnahme ist es, dass sich unsere Lernbegleitung im Laufe des Fortschritts der Hilfe überflüssig macht und der junge Mensch die Zielperspektive entwickelt, zukünftig selbst im schulischen Umfeld mindestens einer SBBZ-Maßnahme oder sogar einer Regelschule zurechtzukommen  oder, in Ausnahmefällen einen externen Hauptschulabschluss zu absolvieren. 

In dem Prozess  bieten wir bei dem Übergang in SBBZ-Maßnahmen oder in die Regelschule für den Anfang auch Außenschulversuche mit Schulbegleitung an. Unser Ziel ist es, dem/der betreffenden Schüler(in) eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft insbesondere an der Schulbildung zu ermöglichen und ihn/sie sozial und emotional in die Schul- bzw. Klassengemeinschaft zu integrieren. 

 

Zielgruppen

 

Das Angebot richtet sich im Regelfall an männliche und weibliche Kinder und Jugendliche im Aufnahmealter von 7 Jahren bis 15 Jahren mit folgender Indikation:

 

Dieses Projekt arbeitet auf der Basis von Freiwilligkeit, d.h. es können nur Kinder und Jugendliche teilnehmen, die ihre tatsächliche Schulsituation ändern wollen.

 

Die Frage der Schulpflicht muss bei jedem einzelnen Jugendlichen beachtet und geklärt werden. Hierzu empfiehlt sich die Kooperation mit einer geeigneten Trägerschule.

Nicht aufgenommen werden junge Menschen mit

 

 

Die einzelnen Komponenten dieses Moduls sind:

 

Systemisches Coaching: Lernen neu lernen

 

Schulaversive Kinder und Jugendlichen haben insbesondere erhebliche Schwierigkeiten in den Grundlagenfächern Mathematik, Deutsch und Gemeinschaftskunde. Innerhalb des Moduls sollen diese Wissensmängel und –Defizite aufgearbeitet, verborgene Fähigkeiten neu entdeckt und neues Wissen angeeignet werden. Es geht darum, das Lernen neu zu lernen, um sich in diesem Bereich wieder als wirksam zu erleben, aus der Misserfolgsspirale auszusteigen, z.B.  allmählich wieder in Strukturen herein zu wachsen, in die Schule integriert zu werden oder an einer Prüfungsvorbereitung für den Hauptschulabschluss teilnehmen zu können. Hier spielt auch der Einsatz von neuen Technologien eine Rolle. Für Jugendliche, die Schwierigkeiten mit klassischen Lernsituationen haben, stellen neue Medien ein neues Lernumfeld dar, das zusätzlich neue Möglichkeiten für selbständiges Lernen ermöglicht.

 

 

Bereitstellung von sport- und achtsamkeitspädagogischen Angeboten sowie kunsttherapeutische Angebote

 

Viele Kinder und Jugendliche leiden an Bewegungsmangel, dessen Folgen sich oft in Haltungsschäden, auffälligen Bewegungsabläufen und fehlender physischer Ausdauer und Belastbarkeit zeigen. Kompensatorisch bezieht das Modul sportpädagogische Angebote mit ein. Sie sollen einen Aggressionsabbau bewirken, das Körpergefühl und das Selbstbewusstsein stärken, Kontakte schaffen und sich positiv auf dieAusgeglichenheit der Kinder und Jugendlichen auswirken. Die achtsamkeitsbasierten Einheiten sollen eine gelassene Grundhaltung vermitteln und Techniken zur Impulskontrolle vermitteln.

 

 

Systemisches Coaching und Training im Bereich der Sozialkompetenz

Oft schlummern Ressourcen wie Vertrauen, Konfliktfähigkeit, Beziehungsfähigkeit, Kooperation, Kommunikation, Verantwortung, Regelfähigkeit, Umgang mit Autoritäten etc. Durch den Schulabbruch bzw. die Schulverweigerung fällt die Schule als unterstützende Sozialisationsinstanz ebenfalls weg. Dementsprechend ist es ein Anliegen des Moduls, gerade diese sozialen Grundlagen zu vermitteln. 

 

 

Systemische Ressourcenstärkung und –Förderung

Obwohl alle Kinder und Jugendlichen über erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten und –Fertigkeiten und über altersgemäße Erfahrungen verfügen, sind viele Schulabbrecher in einen Sog von Passivität und Resignation verfahren, der es ihnen erschwert, verdeckte und vergrabene Potentiale zu entfalten. Deshalb liegt ein Schwerpunkt des Moduls in der systemisch orientierten Ressourcenstärkung und –Förderung.

 

 

In der Transferphase: Praktikum und/oder Sozialstunden
 

Ein Betriebspraktikum spielt in diesem Projekt ab der 8. Klasse eine bedeutsame Rolle. Vorgesehen ist für jeden Projektteilnehmer ein zweiwöchiges Praktikum in einem Betrieb eigener Wahl. Die Jugendlichen sollen sich den Praktikumsplatz selbst suchen, um so die Eigenständigkeit zu fördern. Die Praxisphase wird von den Betreuern eng begleitet. Hier kann es auch in der Anfangsphase nötig sein, den Jugendlichen die ersten Tage der Praxis zu begleiten (z.B.: ich arbeitete vor Jahren mit einem Mädchen, das wir stationär untergebracht hatten. Sie machte ein Praktikum in einem Supermarkt. Ihre soziale Kompetenz war steigerungsfähig. Wir begleiteten sie, auch um mit ihr die Kommunikation mit ihrem Vorgesetzten und den anderen Mitarbeiterinnen zu üben).
Viele Schulabbrecher sind u.a. aufgrund des Schule Schwänzens straffällig geworden. Das Jugendgerichtsgesetz sieht in manchen Fällen vor, dass Jugendliche ihre Strafe in sog. „Strafstunden“ ableisten. Die Jugendlichen sollen sich die Möglichkeit zur Kompensation in einem begleiteten Projekt bekommen, um so die Eigenständigkeit zu fördern.

 

Werkstatt

 

Mögliche und Interessen fördernde Projekte mit den verschiedensten Materialien, wie z.B. Lebende Werkstoffe wie Holz und Ton, hinzu kommt noch der Umgang mit Glas und Metall. Es soll dem Kind oder Jugendlichen neue Möglichkeiten eröffnen und Interessen entwickeln lassen.

Über den Spaß an der Arbeit, Erfolgserlebnisse zu erfahren, vorhandene Defizite aufzuholen und so wieder zu einem strukturierten Tagesablauf zu finden.

 

 


Mögliche Projekte in der Werkstatt:

 

  • Arbeit mit Holz, hier werden Grundlagen der Holztechnik vermittelt.
  • Arbeit mit Ton. Dies fördert u.a. die Fein- und Grobmotorik
  • Arbeit mit Glas, z.B. Tiffany
  • Arbeit mit Schmuckdesign, Metall, Kupfer
  • Arbeit mit Schnitzwerkzeug (z.B. Masken, Skulpturen, Relief)
  • Fahrradwerkstatt

 

 

Ziele:

 

  • Förderung der Fein- und Grobmotorik
  • Transferleistungen zu schulischen Fächer, wie Mathematik
  • Vermittlung handwerklicher Fähigkeiten, wie sägen, bohren, biegen,..
  • Erlernen des Umgangs mit Werkzeug und Materialien der verschiedenen Arten (z.B. Holz, Metall, Farbe, Glas, Naturprodukte)

 

 

In der Arbeit mit Holz:

 

            

  • Werden Grundlagen der Werkzeugkunde und dessen Umgang vermittelt. Anhand von einfachen Übungstücken wird dann das Anreißen, Sägen, Stemmen und Bohren geübt.

 

  • Materialkunde des lebenden Werkstoffes Holz, hier wären z.B. eine Waldbegehung angedacht um zu vermitteln, woher kommt der Werkstoff Holz. Besichtigungen von weiterverarbeitenden Betrieben z.B. Sägewerk usw. sind vorgesehen um Interessen zu erschließen.

 

  • In der Werkstatt werden dann Grundlagen in der Herstellung von einfachen Rahmen und Zapfenverbindungen vermittelt und umgesetzt. Hier kann dann der Jugendliche eigene Ideen und Transferleistungen entwickeln und Umsetzten z.B. anhand eines Bildes oder Spiegelrahmens vielleicht auch die Herstellung eine Regals oder Hockers.

 

  • Zudem wäre es im weiteren Verlauf möglich, dass der Jugendliche eine vereinfachte Maschinenkunde (Handmaschinen) erhält, die ihm dann im weiter Verlauf die Arbeit erleichtern soll.

 

 

 

 

In der Arbeit mit Metall:

 

  • Werden Grundlagen und Umgang der Werkzeuge und der verschiedensten Materialien wie z.B. Eisen, Kupfer und Aluminium usw. vermittelt.          
  • In der Werkstatt können diese durch Herstellung, z.B. eines Mobiles durch Sägen Schneiden, Biegen und Hämmern des Materials hergestellt werden.
  • Besichtigungen von Metallverarbeitenden Betrieben stehen hier ebenfalls auf unserem Programm.

 

Arbeiten mit Ton:

 

  • Ist ein weiterer Organischer Stoff, der gerade in der Eingangsphase zum Einsatz kommen wird. Dieses Material hat eine gute Eigenschaft um Interessen und Grob und Feinmotorik zu entwickeln. Über verschiedenste Techniken kann hier der Jugendliche in kürzester Zeit, für sich Erfolgserlebnisse verbuchen.  

 

Arbeiten mit Glas:

 

  • Werden Grundlagen des Materials und dessen Verarbeitung vermittelt, hier gäbe es dann auch die Möglichkeit einen Spiegel od. auch Buntglas zuzuschneiden um ihn dann z.B. in den selbst angefertigten Rahmen einzusetzen.

 

Hinzu kommen besondere Workshops wie, Schmuckdesign, Tiffany und Schnitzen. Hier können dann alle schon bereits aufgeführte Materialien kombiniert werden. Der Jugendliche kann dann durch Transfer des bereits gelernten nach eigenen Interessen, Fähigkeiten die Materialien kombinieren und so sein individuelles Schmuckstück, Maske, Skulptur, Relief herstellen.   

                        

 

Zusammenfassend:

 

Auf der Grundlage der bei jedem Kind und Jugendlichen vorhandenen Stärken sollen neue persönlichkeitsbildende Kompetenzen, Interessen und Verhaltensweisen aufgebaut werden. In Verbindung mit der Aufarbeitung von Wissensdefiziten wird in diesem Modul die Lebensgestaltungskompetenz erhöht, Selbstwirksamkeit erfahren und das Kind/der Jugendliche auf eine Integration in den Schulalltag vorbereitet.

 

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